Im Interview mit Alexander Hirt

Geschäftsführer und Mitbegründer von Flotteladen

Alexander Hirt gründete 2020 mit seinen vier Kollegen Andreas Gerlach, Mike Groezinger, Martin Wollny und Markus Meser das Unternehmen Flotteladen und führt es seitdem in eine erfolgreiche, nachhaltige Zukunft. Der gelernte Energieanlagenelektroniker und studierte Elektroingenieur und MBA beschäftigt sich schon lange mit Softwareentwicklung im Automotive-Bereich und erzählt uns im Interview, wie für ihn der erste Einstieg in die Unternehmensgründung lief, wie erfolgreiches Lademanagement funktioniert und wie Mobilität in der Zukunft funktionieren kann. 

„Ich finde den ökologischen Hintergrund des Themas Elektromobilität wahnsinnig wichtig und es ist ein Muss in der aktuellen Zeit.“

Wie ist das Projekt Flotteladen und die Gründung entstanden?

Es war so, dass mein letztes Angestelltenverhältnis in einer großen internationalen Firma, in der ich zehn Jahre gearbeitet habe, mir aus verschiedenen Gründen nicht mehr gefallen hat. Ich sagte mir selbst: „Das möchte ich so nicht mehr weiterhin tun.“ Ich habe dann von heute auf morgen gekündigt. Ich bin jemand, der, wenn er eine Sackgasse erkennt, die man nicht ändern kann, das regelt und das Ruder selbst in die Hand nimmt. Ich bin daraufhin zunächst als Freelancer tätig gewesen – zur Überbrückung, und in genau dieser Position bin ich zu Flotteladen gekommen. Damals war Flotteladen noch ein Projekt der Firma siobra. Sie haben zu dieser Zeit jemanden für Vertrieb und Produktmanagement gesucht, wo ich mich auf freiberuflicher Basis einbringen konnte.

Zu diesem Zeitpunkt war Elektromobilität für mich noch ein rotes Tuch. Ich bin ein bisschen wie die Jungfrau zum Kinde gekommen. Doch ich merkte relativ schnell, dass hier ein wahnsinniges Potenzial vorhanden ist. Zum einen sind wir als Gründerteam kompetenztechnisch sehr gut aufgestellt und zum anderen befinden wir uns in einem Markt, der jetzt gerade explodiert und der auch explodieren muss, wenn wir uns die aktuelle Situation und im Speziellen die Klimaerwärmung anschauen. Der ökologische Hintergrund des Themas Elektromobilität macht das Ganze für mich so wichtig und wahnsinnig interessant und es passt super in die heutige Zeit. Das habe ich relativ früh realisiert. Und auf dieser Basis haben wir dann gemeinsam alle Entscheidungen getroffen. Wir haben beschlossen, dass Flotteladen mehr als eines von vielen Projekten der siobra GbR sein kann – Flotteladen soll und muss auf eigenen Beinen stehen.

Ich bin dann gefragt worden, ob ich mir vorstellen könnte die Geschäftsführung zu übernehmen – das habe ich sehr gerne angenommen. Als Geschäftsführer kann ich viele Sachen so prägen, wie ich sie für wichtig und sinnvoll erachte, und das ist genau das, was eigentlich sehr gut zu mir passt.

Du hast erwähnt, ihr seid sehr gut aufgestellt, wie dürfen wir das verstehen?

Wir sind ein tolles Team aus fünf Gesellschaftern: Martin, der sehr erfahren und innovativ in der Hardwareentwicklung ist, hat schon Typ 2 Lösungen entwickelt, bevor das aktuelle System entwickelt wurde. Andreas fährt schon viele Jahre Elektroauto und ist als Energieberater tätig – er berät vor allem Sozialstationen im Bereich der Elektromobilität. Andreas lebt und ist Nachhaltigkeit… und das zu 100%. Mike und Markus sind die Gründer der siobra GbR und bringen Erfahrungen im App-Bereich und in der Visualisierung mit ins Boot. Das heißt, wir können uns dank ihnen durch ein einfaches User Interface technisch differenzieren, sodass unsere Kunden unsere Anwendung auf allen Devices nutzen können. Wir alle gemeinsam bieten die ideale Basis für Flotteladen.

Und das ist für mich wichtig: Wir müssen niemanden einkaufen oder suchen, sondern wir haben alle Kompetenzen im Haus. Die Grundvoraussetzungen sind hervorragend, sie könnten eigentlich nicht besser sein!

About us

Flotteladen bietet eine konfigurierbare und erweiterbare Systemlösung für das Laden von kleinen und mittleren Fahrzeugflotten. Was genau sind Flotten und wie kam es dazu, dass ihr euch mit Lademanagement beschäftigt, anstatt in den öffentlichen Bereich der Ladestationen zu investieren? 

Eine Flotte ist für uns eine Vielzahl an Fahrzeugen. Es geht los mit zwei, drei oder vier Fahrzeugen bis ca. 70 Fahrzeugen. Wir befinden uns damit genau im mittleren Bereich. Das sind die Sozialstationen, Mehrfamilienhäuser, kleine und mittelständische Unternehmen, Handwerker… Einfach alle, die mehrere Fahrzeuge an einem Anschluss laden wollen.

Der Ursprung liegt in der Geschichte des Unternehmens – die Grundidee für Flotteladen kam von Andreas, der damals schon mit Sozialstationen zusammengearbeitet hat. Er hat gemerkt, dass die Infrastruktur, die schon da ist – also zum Beispiel die Standard Wallboxen zum Laden – zwar eine Möglichkeit ist, diese aber nicht für jeden Bedarf passt.

Er ist damals zu siobra gekommen und hat mit ihnen aus dem ersten Treffen heraus ein System entwickelt. Wenn man sich überlegt, dass unsere Kunden, wie z.B. die Sozialstationen oder die Unternehmen, sowohl die eigenen Autos als perspektivisch auch die der Mitarbeiter bzw. der Gäste lädt, ist das ein wahnsinnig großer Bereich mit den unterschiedlichsten Anforderungen. Dieser Markt ist so speziell, dass hierzu spezielle Lösungen entwickelt werden müssen. Eben Lösungen wie die von Flotteladen.

Das intelligente Verteilen, der zur Verfügung stehenden Leistung, ist unser Produkt. Das klingt erstmal einfach, aber es hat es in sich. Entgegen der Meinungen an den Stammtischen ist es sehr oft ausreichend mit einem schon bestehenden Anschluss zu arbeiten, wenn das Lademanagement intelligent genug ist.  Und wenn man sich vorstellt, man hat ein kleines E-Auto, mit einer Reichweite von 200-250 km, und fährt den 40-50 km am Tag, dann ist es sogar oft nicht notwendig, jeden Tag zu laden. Um das sinnvoll zu planen, brauche ich ein Managementsystem. Am Ende kommt es doch immer nur darauf an, dass das Auto genügend geladen wird.

„Das intelligente Verteilen der zur Verfügung stehenden Leistung ist unser Produkt.“

Was bedeutet „genügend Laden“?

Was wir erkannt haben, ist, dass das Laden ein sehr individuelles Thema ist. In den Sozialstationen wissen wir zum Beispiel, wie viel jeder Mitarbeiter zu welcher Tageszeit fahren muss. Da ist es einfach, genügend zu laden. In Unternehmen oder auch in Mehrfamilienhäusern wird das ganze schon viel schwerer und ohne intelligente Algorithmik nicht machbar.   Dann gibt es noch das Thema „sanftes Laden“. Sanftes Laden ist langsames Laden, das trotzdem ausreichend schnell ist, sodass die Fahrzeuge wiederum genügend geladen sind. Beim sanften Laden sprechen wir von kleineren Leistungen, die dazu führen, dass der bestehende Stromanschluss ausreicht. Das funktioniert im speziellen Fall der Sozialstationen sehr gut.

„Für mich ist es unbegreiflich, dass es so viele Freiflächen auf Dächern gibt, die nicht flächendeckend zur Stromproduktion genutzt werden.“

Mehr Elektroautos bedeuten auch mehr Strombedarf. Wie kann, deiner Einschätzung nach, der erhöhte Strombedarf in Zukunft gedeckt werden?

Das ist zuerst mal richtig. Ja, mehr Elektroautos brauchen auch mehr Strom. Aber wieviel mehr brauchen sie denn??
Wenn wir in Deutschland 40 Millionen Fahrzeuge mit 40 km Fahrstrecke am Tag haben, und die alle morgen auf einmal E-Autos wären dann würden wir 20% mehr Strom benötigen. Ich glaube, dass die Entwicklung hin zu 95% Elektroauto-Zulassungen noch ca. 15 Jahre braucht. Das bedeutet, wir haben 15-20 Jahre Zeit um diese 20% mehr Strom zu ermöglichen. Das ist meiner Meinung nach genügend Zeit aber klar ist auch man muss es angehen.

Zum Thema Energieerzeugung: Ich glaube, viele haben noch Fukushima im Kopf – eigentlich haben alle verstanden, dass Atomstrom nicht beherrschbar ist, und vom Atommüll und der Bedeutung dessen für zukünftige Generationen möchte ich gar nicht erst anfangen.  Gott sei Dank haben wir den Ausstieg aus Kohle nun endlich beschlossen.  Das Thema Energiewende sollte hoffentlich nicht mehr diskutiert werden, und da passt das Verbrennen von fossilen Stoffen einfach nicht mehr dazu. Mittlerweile haben wir die Technologie – und das ist das, was ich nicht verstehe:

Wir sind fähig, Photovoltaik-Anlagen zu bauen und damit, wenns gut läuft, Strom für 4 Cent zu produzieren. Das ist das, was erreichbar ist. Wenn ich zuhause meinen Strom mit meiner eigenen Photovoltaik-Anlage produziere, kostet der ca. 10 Cent. Das heißt, ich bin weit weg von den sonstigen ca.30 -35 Cent und damit in einem wirtschaftlich sinnvollen Bereich. Ich kann wirtschaftlich sinnvollen, emissionsfreien Strom herstellen. Ich muss es nur noch tun.

Für mich ist es unbegreiflich, dass es so viele Freiflächen auf Dächern gibt, die nicht flächendeckend zur Stromproduktion genutzt werden. Wenn ich doch weiß, dass ich das wirtschaftlich und ökologisch sinnvoll tun kann. Es ist das beste Konzept, auf dem Dach der Firma eine Photovoltaik-Anlage zu haben und gleichzeitig mit unserer Lösung die eigene Flotte zu laden.

Mit einer privaten Investition von ca. 10.000 € für eine Anlage auf einem Einfamilienhaus kann ich den vollen Strombedarf meines Hauses und zusätzlich den meines Elektroautos decken. So kann ich mit einer überschaubaren Investition autark und emissionsfrei Strom produzieren und beziehen.

Was sind deine Wünsche für die Energiewende?

Ich kann nicht verstehen, dass viele Menschen bis jetzt anscheinend noch nicht verstanden haben, wie wichtig die Energiewende für uns und unseren Planeten ist. Die Wissenschaft und deren Ergebnisse wird oft ignoriert. Mit dem Thema Energiewende schwingt leider auch immer Verzicht mit. Viele denken, in der Elektromobilität fährt man langsam, nur der Tesla ist schnell und cool. Das ist aber anders. Ich möchte auf das Drehmoment meines e-Golfs nicht mehr verzichten. Das macht richtig Spaß. Was ich mir wünsche, ist ein Umdenken bei den Leuten. Dass endlich die Chance gesehen wird. Das ist notwendig, wenn wir für die zukünftigen Generationen einen Planeten erhalten wollen, der ähnlich ist wie der heute. Wenn ich Deutschland sehe und was für eine technologische Basis wir haben, wenn ich sehe, wie innovativ wir in vielen Bereichen waren, aber auch noch sind, dann wünsche ich mir, dass wir diese Innovationskraft nutzen, um unsere Zukunft mit zu entwickeln und zu gestalten… und eben nicht dem Diesel hinterher zu trauern. 

Es ist für mich 100 % klar, dass sich unsere Mobilität ändern wird. Die Elektromobilität wird ein wesentlicher Bestanteil der zukünftigen Mobilität darstellen, und irgendwann werden wir autonom fahren. Wir werden irgendwann keine Autos mehr besitzen – das sind alles Dinge, die muss man entwickeln. Ich bin der Meinung, der Großteil der Menschen wird irgendwann ein Elektroauto kaufen und besitzen. Die Frage ist, wo kommen diese Fahrzeuge her. Wer entwickelt die Technologie? Wer produziert sie? Wenn ich dann sehe, dass wir eine tolle Basis haben, würde ich mich freuen, wenn wir die Chance erkennen und Teil davon sein möchten. Wir sollten es mit Innovationskraft und Leidenschaft angehen, um die Welt jeden Tag ein bisschen besser zu machen. Wir müssen den Schritt vorangehen und die Technologien entwickeln, um die Welt zukunftsträchtiger zu machen. Die Basis haben wir – wir müssen es nur noch tun.

„Wir müssen den Schritt vorangehen und die Technologien entwickeln, um die Welt besser und zukunftsträchtiger zu machen.“